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"Zwei Drittel der befragten KMU schützen ihre Innovationen nicht"

In der Schweiz unternehmen nur wenige KMU den wichtigen Schritt, ihre eigenen Kreationen zu schützen. Eine Bestandsaufnahme mit Felix Addor.

Wenn sich ein Unternehmer Sorgen um die Patentierung einer seiner Innovationen macht, ist es häufig schon zu spät. Um den Risiken von Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, hat das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) 2010 das Portal "Gedacht. Gemacht. Geschützt." eingerichtet. Die Plattform richtet sich an KMU und enthält ein breites Spektrum an Instrumenten, die Unternehmenden beim Schutz ihrer Innovationen Orientierung geben. Felix Addor, stellvertretender Direktor des IGE und Initiator dieses Projekts, erklärt, wie wichtig eine gute Schutzrechtestrategie ist.

Was hat Sie dazu bewogen, die Plattform "Gedacht. Gemacht. Geschützt." aufzubauen?


Felix Addor: Die KMU bilden mit ihrer Innovationsfähigkeit das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. In vielen Firmen besteht klafft jedoch eine grosse Lücke, wenn es um den Schutz ihrer Innovationen und Kreationen geht. Wir wollten ein umfassendes Instrument entwickeln, das die KMU zu diesem Thema beraten kann, sodass sie ihr Potenzial in diesem Bereich erkennen und sich bedarfsgerecht schützen können.

Worauf haben Sie sich bei der Entwicklung dieses Angebotes gestützt?

Addor: Der Handlungsbedarf wurde wissenschaftlich nachgewiesen. Verschiedene Studien, die vom Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Auftrag gegeben und landesweit (an der EPFL, der Universität St. Gallen und der ETHZ), aber auch für einen europäischen Vergleich am "Austrian Institute for SME Research" durchgeführt wurden, zeigten, dass den Schweizer KMU die Bedeutung dieses Themas zu wenig bewusst ist. Die Ergebnisse dieser Studien haben uns dazu veranlasst, die Plattform "Gedacht. Gemacht. Geschützt." ins Leben zu rufen.

Schützen die KMU ihre Innovationen nicht ausreichend?

Addor: Die Mittel, die in der Schweiz für den Schutz des geistigen Eigentums zur Verfügung stehen, gelten als ausgezeichnet. Allerdings nutzen die KMU die Instrumente, die in diesem Bereich eingeführt wurden, nur unzureichend. Die Unternehmer denken zuerst an die Innovation, dann an die Umsetzung und die Kosten und schliesslich an die Auslieferung der Bestellungen. Für die Mehrheit der KMU ist der Schutz des geistigen Eigentums während der Konzeption des Produktes nicht präsent.

Wie viele KMU passen nicht auf ihre Innovationen auf?

Addor: Die Studien haben gezeigt, dass zwei Drittel der befragten KMU ihre Innovationen und Kreationen nicht vor missbräuchlicher Verwendung und Nachahmung schützen. Sie können daher blind in einen Rechtsstreit geraten, ohne eine Möglichkeit, sich zu verteidigen. Im übrigen Drittel gibt es wiederum einige Unternehmer, die ihre immateriellen Güter übermässig schützen, ohne darüber nachzudenken, ob dies wirklich nötig ist. Das verursacht zusätzliche Kosten, die das Unternehmen einsparen könnte. Letztlich gibt es nur einen geringen Prozentsatz an Firmen, die ihre Kreationen angemessen und nachhaltig schützen.

Welche Dienste bieten Sie auf Ihrer Plattform an?

Addor:
Das IGE hat erkannt, dass die KMU-Chefs keine zu komplizierte oder technische Palette an Tools wollen. Also mussten wir ein einfaches und benutzerfreundliches Portal aufbauen. Auf dieser Plattform werden die Unternehmer zunächst zu den verschiedenen bestehenden Dienstleistungen geleitet. Es werden auch spezielle Weiterbildungen für Anfänger und Fortgeschrittene angeboten. Diese verschiedenen Elemente erlauben den CEOs, die Situation ihres Unternehmens zu definieren und eine Schutzrechtestrategie zu entwickeln. Das Contact-Center des IGE steht KMU, aber auch Erfindern zur Verfügung.

Wie können KMU ihre Kreationen schützen?

Addor: Es gibt kein Patentrezept für den Schutz, weil jedes Unternehmen unterschiedliche Bedürfnisse hat. Die Strategie hängt von der Risikobereitschaft des Unternehmers, vom Missbrauchsrisiko und vom anvisierten Markt ab. Der Schutz des geistigen Eigentums bezieht sich auf bestimmte Gebiete und hängt von dem Land ab, in dem man das Patent anmeldet. Es ist sinnlos, ein Produkt nur in der Schweiz zu schützen, wenn die Produktion in China erfolgt. Ein chinesischer Mitbewerber könnte dann bedenkenlos eine Nachahmung herstellen. Für jedes innovative KMU ist es also ein wesentlicher Aspekt, eine eigene Schutzrechtestrategie zu entwickeln. Die Dauer des Patentschutzes kann ab der Anmeldung bis zu 20 Jahre betragen. Die Zeit, die verstreicht, bis man das Patent erhält, spielt dabei keine Rolle: der Schutz greift rückwirkend. Viele KMU reichen keine Patentanträge ein, da sie glauben, das Verfahren sei zu langwierig und würde sie davon abhalten, sofort zu produzieren. Wenn sie sich an uns wenden, erklären wir ihnen aber, dass sie das Patent einreichen und gleich am nächsten Tag mit der Produktion beginnen können!

Welchen Gefahren setzt sich ein KMU aus, das kein Patent anmeldet?

Addor: Das grösste Risiko besteht darin, etwas zu produzieren, das es bereits gibt, und zu denken, dass es sich um eine Innovation handelt. Ein Unternehmer sollte nicht investieren und mit der Produktion beginnen, ohne vorher entsprechend recherchiert zu haben. Das IGE bietet begleitete Patentrecherchen an, die unerfahrenen Kunden ermöglicht, eine einfache Recherche zu einem moderaten Preis durchzuführen. In der Regel kontaktieren uns die KMU, wenn es zu spät ist und bereits eine Nachahmung auf dem Markt ist. Wenn die Innovation nicht geschützt wurde, kann das Unternehmen aber gar nichts tun. Und sobald das Produkt kopiert wurde, lässt es sich nicht mehr schützen.

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Interview

Felix Addor, stellvertretender Direktor des IGE

Zur Person

Felix Addor wurde 1963 in Basel geboren, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bern und erhielt 1990 seine Zulassung als Rechtsanwalt. Es folgte eine Promotion, die er 1997 abschloss. Zwei Jahre später wurde Felix Addor Rechtskonsulent des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) und übernahm die Leitung der Abteilung Recht und Internationales. 2007 wurde er zum stellvertretenden Direktor des IGE ernannt. Zusätzlich lehrt er seit 2008 als Titularprofessor an der Universität Bern Immaterialgüterrecht und Verhandlungslehre. 2010 leitete er den Aufbau der Plattform "Gedacht. Gemacht. Geschützt".

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